Intro
Um das Javascript Framework d3 besser kennenzulernen brauchte ich ein einfaches Projekt. Der Datansatz über die zeitliche Entwicklung der Bevölkerung von Niederösterreich auf Gemeindeebene, bereitgestellt vom Land NÖ über https://www.data.gv.at hat sich dafür angeboten. Was diesen Daten spannend macht ist ihr Zeitraum: 1869 bis 2011.
Damit kann man aktuelle Phänomene wie die Ausdünnung der ländlichen Flächen beobachten, und diese in zeitlichen Kontext setzen.
Das Ergebnis ist eine interaktive Karte: https://afaik.at/supplementary/noe_population/, die die Daten auf der NÖ Landkarte darstellt. Zusätzlich werden Informationen wie bevölkerungsstärkste Gemeinde und Gesamtbevölkerung für jedes Jahr gezeigt.
Erklärung zur Grafik
Das schlichte Darstellen von absoluten Zahlen ist für das Thema Landflucht, meiner Ansicht nach, unzureichend. Stattdessen wird hier der prozentuelle Anteil der gesamten Niederösterreichischen Bevölkerung pro Gemeinde verwendet. Weiters wird der Median als Gradmesser verwendet.
Median
In einer geordneten Sammlung von Zahlenwerten ist der Median der Wert der an mittlerer Stelle steht.
Beispiel: Nehmen wir an NÖ besteht aus 5 Gemeinden mit den, fiktiven, Einwohnerzahlen 2500, 800, 1200, 1150, 36000. Ordnet man nun diese Werte aufsteigend: 800, 1150, 1200, 2500, 36000 dann sieht man, dass der Median bei 1200 liegt.
Rund die Hälfte der Gemeinden hat also 1200 Einwohner oder weniger. Der Mittelwert wäre 8330 (800+1150+1200+2500+36000 = 41650 => 41650⁄5 = 8330). Das überschätzt die Situation deutlich!
Ein weiter Vorteil ist, dass der Median nicht abhängig ist von den Werten außerhalb der unteren Hälfte: Ob die größte Gemeinde 36000 oder 60000 Einwohner hat, ist irrelevant (1200 ist immer noch kleiner als 2500 und 60000). Im Mittel wäre hingegen aber jede Gemeinde 13130 Einwohner stark!
Daher werden in der Grafik 3 Farben verwendet, zwischen denen es einen kontinuierlichen Übergang gibt: In diesem Beispiel liegt der Median etwa bei 0.5 %, das Maximum ungefähr bei 3.3 %. Das heisst in der stärkste Stadt/Gemeinde, z.B. St.Pölten, würden 3.3 % der NiederösterreicherInnen wohnen. In der Hälfte der Gemeinde wären es hingegen nur 0.5 % oder weniger.
Interpretation
Wie oben beschrieben bietet sich der Median an um die Bevölkerungsverteilung an einer einzigen Zahl festzumachen. Die Grafik zeigt, dass es über die Jahrzehnte nur eine maginale (gerundete) Verschiebung von 0.13 % (1869) auf 0.10 % (2011) gab. Das bedeutet zum einen, dass die Verteilung annähernd stabil geblieben ist, und es zeigt weiters, dass Niederösterreich insgesamt eher dünn besiedelt ist. (Die größten Gemeinden/Städte hatten über die Jahrzehnte zwischen 2 % und 3.3 % der Gesamtbevölkerung)
Interessant ist auch eine Gegenüberstellung der Landkarte zwischen den Jahunderten. Im Folgenden zeichnet ein lila Farbton Gemeinden mit weniger Einwohnern als der Median, Gelb im Bereich rund um den Median sowie Rosa nahe des Maximums. Die Werte beziehen sich immer auf das betrachtete Jahr.
Achtung: Hier sind relative Werte dargestellt. Das bedeutet man kann nicht direkt ablesen wieviele Menschen in jeder Gemeinde wohnen und auch nicht wie die zeitliche Entwicklung aussieht (zB Früher wohnten in X 2500 Menschen, heute nur noch 800) Dafür sieht man unmittelbar die Prozent (zB 2011 wohnten 3 % der NiederösterreicherInnen in St. Pölten)
1900 | 2011 |
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Hier zeigt sich ein durchaus vielfältiges Bild:
- Bestimmte Gegenden rund Annaberg, Parbasdorf und Semmering sind eher gleichgeblieben über die Jahrzehnte.
- Kleinere Städte wie Krems, Hollabrunn oder Berndorf haben Einwohner verloren.
- Andere wie Amstetten und Wr. Neustadt haben zugelegt.
- Große Teile des Wiener Umlands haben, bis auf Teile im Westen, dazugewonnen.
- Das Mostviertel hat auch im Vergleich heute mehr Einwohner als damals.
Unbestreitbar ist die Veränderung im Waldviertel und nördlichen Weinviertel, hier ist stärkste “Umfärbung” zu beobachten. Im zeitlichen Verlauf zeigt sich dass dieses Phänomen schon vor 1980 einsetzt, aber mit dem Fall des Eisernen Vorhanges sich noch einmal verstärkt. Das bedeutet allerdings noch nicht dass diese zwei Dinge direkt miteinander zusammenhängen
Also ja, der ländliche Raum ist im Wandel, eindeutig. Die zeitliche Darstellung zeigt aber auch dass es ein kontinuierlicher Prozess ist; manche Gemeinden die vor 100 Jahren Einwohner verloren haben, konnte wieder dazugewinnen.
Um die Ursachen für diese Bewegungen zu ergründen müsste man nun die Karte mit weiteren Daten aus der Wirtschaft verbinden.
Dank geht an Jürgen Drachta für eine erste Sichtung der Grafik.
Update - 24.7.2018
Das original File für die Erstellung der Bezirke wurde verkleinert (ca 50%). Die Bevölkerungszahlen bleiben ident.
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